Aeris - Temple

Review von Zephir vom 22.10.2013 (3406 mal gelesen)
Aeris - Temple Hinter dem Namen AERIS verstecken sich vier Menschen aus Frankreich, die der hitzig umworbenen bis hart umkämpften Hörerschaft mutig ein reines Instrumentalalbum um die Ohren schlagen. Die vier Mannen heißen Manuel Adnot, Louis Godart (jeweils an der Gitarre), Emerson Paris (Bass) und Boris Louvet (Drums) und verdienen mit ihrem Werk wahrhaft ein wenig Aufmerksamkeit. AERIS fallen grob in die Kategorie Progressive Post Metal, zeichnen sich allerdings durch eine ungewöhnlich verrückte Stilmischung und selbst für das Progressive-Genre überdurchschnittliche Experimentierfreudigkeit aus. Das Album "Temple" liefert gerade einmal 28 Minuten Klangästhetik, die in scheinbar willkürlichen Arrangements mit polyrhythmischen, polymetrischen und auch komplett metrumbefreiten Kompositionen und kruden Titeln mehr Gehalt in das Hirn des Hörers schleust als manches Metal-Werk in desselbigen Haupthaar.

Aufgegliedert ist das Album, dessen Cover ein Comic-ähnliches Artwork mit Geweih, Geistlichem und Goldfischglas ziert, in sieben Tracks - davon zwei Trilogien: 'Flame' ist deren erste, beginnend mit dem eindrucksvollen 'Fire Theme'. Hier dominieren Gitarren, die wechselweise in schwerer Tiefe loshämmern und in kontrastierend psychedelischen Sphären davonfliegen. 'Hidden Sun' schnarrt mit kräftigem Doom-Touch in elektronischer Verzerrung durch den Äther; 'Rising Light' ist zunächst beinahe nur instrumental organisierte Geräuschkulisse, um dann aus dem Noise-ähnlichen Klangteppich wieder in die Riffs des Anfangs überzugehen.

Das nächste musikalische Dreiergespann trägt den kryptischen Namen 'Richard-Horizon-Robot' und besteht aus den Tracks - ja, richtig getippt - 'Richard', 'Horizon' und 'Robot'. 'Richard' ist beinahe freundlich und in einem vergleichsweise harmonischen Gefüge konstruiert, wenngleich man zugegebenermaßen schon viel Langeweile haben müsste, um den komplexen Aufbau dieses Stückes bereitwillig aufzudröseln. Den Hang zum Synkopischen haben AERIS vielleicht aus dem Jazz übernommen. Ausladende, scheinbar im Freestyle kulminierende Passagen belegen auch hier die postmoderne Freude am übermütigen Experiment, das nahtlos in einen überraschend zarten, E-Harp-ähnlichen 'Horizon' übergeht - ein romantisches Stück mit starkem Ambient-Charakter. In der Ferne scheinen Wassertropfen von Blättern und Gräsern zu perlen, die eigentlich nur ein Synthesizer erzeugt haben kann. 'Robot' bleibt zunächst dem romantischen Stil verhaftet; weich angeschlagene Akustiksaiten entwickeln sich erst nach und nach zu mehr Elektroschwere und mehr Extrovertiertheit.

'Captain Blood' schließlich steht am Ende des Albums für sich allein. Dieser Track ist als bunt durcheinandergemischte Progressive-Metal-Jazz-Ambient-Rock-Rhapsodie ebenso anstrengend wie großartig und auch dasjenige Stück, das am meisten die Bezeichnung "Progressive Metal" verdient.

Bezeichnungen hin oder her: Mit "Temple" liefern AERIS den musikalischen Beweis, dass Genie und Wahnsinn dicht beieinander liegen.

Gesamtwertung: 7.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood dry dry dry
Trackliste Album-Info
01. FLAME - Fire Theme
02. FLAME - Hidden Sun
03. FLAME - Rising Light
04. RICHARD-HORIZON-ROBOT - Richard
05. RICHARD-HORIZON-ROBOT - Horizon
06. RICHARD-HORIZON-ROBOT - Robot
07. Captain Blood
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 28:30 Minuten
VÖ: 23.09.2013

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten