Interview mit Katy, Leona, Jeff von Owlbear

Ein Interview von baarikärpänen vom 27.04.2025 (6889 mal gelesen)
Mit dem Debüt knapp an der Höchswertung vorbei, mit dem Nachfolger "Feather & Claw" aber 10/10 eingeheimst. Kein Wunder, dass wir dann mal bei OWLBEAR nachfragen wollten. Katy, Leona und Jeff bringen uns die Band näher, beantworten aber auch manche schwierige oder unangenehme Frage.

Herzlichen Glückwunsch, das neue Album ist meiner Meinung nach ein Meisterwerk. Genau so sollte echter Heavy Metal im Jahr 2025 klingen. Wie waren die Reaktionen bisher?

Jeff: Sehr positiv! Ich sage das oft, aber alles an dieser Band fühlt sich einfach surreal an. Die Tatsache, dass die neue Scheibe "Chaos To The Realm" in einigen Punkten bereits übertroffen hat, ist einfach unglaublich.

Auch wenn "Feather & Claw" jetzt das Thema ist, darf man "Chaos To The Realm" nicht vergessen - die Basis für das neue Album. Ihr habt mitten in der Pandemie als "Band" angefangen, eine schwierige Zeit für alle. Wie lief das Songwriting damals ab, und wie hat es sich für das neue Album verändert?

Katy: Viele der Songs auf "Feather & Claw" (z.B. 'As Arrows Hail', 'Crawl From The Carcass', 'Devastation Be My Name', und so weiter) waren bereits komplett oder zu 75% fertig, bevor "Chaos To The Realm" überhaupt erschien. Diese Stücke entstanden 2021 und 2022. Ich denke, das Songwriting für "Chaos To The Realm" endete Ende 2020. "Feather & Claw" ist eine natürliche Weiterentwicklung von dem, was wir auf Album Eins begonnen haben, weil wir nicht versuchten, uns in denselben mentalen Zustand zurückzuversetzen. Es gab keine wirkliche Pause zwischen dem Schreiben von Album Eins und Zwei, also blieb der Denk- und Arbeitsprozess ziemlich genau gleich. Jeff oder ich kamen einfach mit einem fertigen Song, den wir selbst geschrieben hatten. Die Zeit, die vergangen ist oder das Ende der Lockdowns haben nichts daran geändert, wie wir als Band arbeiten - wir wohnen nicht in der Nähe voneinander, also hatten uns die Lockdowns sowieso nicht beeinflusst.

Jeff: Ich denke, wir hatten dieses Mal ein besseres Gespür dafür, was für die Band funktioniert und was zu unserem Sound passt - obwohl, wie Katy schon sagte, viele Songs schon fertig waren, bevor "Chaos..." überhaupt draußen war. Ich habe die erste Version von 'Hawkriders Of The Wastelands' vor acht Jahren geschrieben - der Song hätte fast auf die allererste ADAMANTIS-EP (Thundermark) gepasst.

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Ich habe "Band" bewußt in Anführungszeichen gesetzt, weil ihr euch zu Beginn pandemiebedingt nicht treffen konntet und die Mitglieder über die USA verteilt sind. Kann man sagen, dass es anfangs ein Projekt war und ihr jetzt eine richtige Band seid, weil ihr auch live spielt? Ist es fair zu sagen (wie ich es in meiner Review schrieb), dass OWLBEAR jetzt eine "echte Band" sind? Vielleicht können Katy und Leona etwas zu ihrem Hintergrund und ihren musikalischen Einflüssen sagen?

Katy: Meine Haupteinflüsse auf der Gitarre sind HELLOWEEN sowie die Soundtracks von F-Zero und Mega Man X. Für den Gesang sind es Jill Janus und Freezer.

Leona: Ja, es ist definitiv jetzt eine echte Band, lol.

Wie seid ihr überhaupt zueinander gekommen? Zum Beispiel folgte ich Katy auf YouTube und war überrascht, dass sie die Sängerin bei OWLBEAR ist, weil die Musik auf ihrem Kanal so anders klingt. Das gilt auch für Leona – aber beide passen perfekt zu OWLBEAR.

Leona: Ich war zuerst online mit Jeff befreundet, wir haben uns 2019 beim GALNERYUS-Konzert getroffen. Über Jeff habe ich dann Katy kennengelernt. Auch wenn meine anderen Projekte anders klingen - ich habe z.B. in Black- und Death-Metal-Bands gespielt - ist mein Lieblingsstil im Metal ganz klar klassischer Heavy und Power Metal.

Jeff: Wir haben uns alle irgendwie über dieselbe Szene von Leuten in Nordamerika kennengelernt, die dieselbe Musik machen oder hören wie wir. Ich traf Leona, als sie noch bei WEAPONLORD war, und Katy, als sie in einer Facebook-Gruppe viele HELLOWEEN-Cover gepostet hat.

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Die meisten Bands proben vor Shows zusammen. Wie schafft ihr das, und wie findet ihr Ersatz, wenn zum Beispiel Leona mal nicht dabei sein kann?

Jeff: Wir reisen in der Regel ein oder zwei Tage vor der Show an und proben den Set in einem Proberaum in der Nähe - gemietet oder bei jemandem, den wir kennen. Jeder lernt die Songs für sich, dann geht es nur noch darum, das Set mehrfach durchzuspielen. Ehrlich gesagt, gefällt mir das besser als viele frühere Bandsituationen - oft vergeuden Leute in Proben Zeit oder nutzen sie, um die Songs erst zu lernen. Das ist nicht der Zweck einer Probe - das macht man zuhause. Was Ersatz angeht: Das waren bisher Freunde der Band. Mahn, der beim "Legions of Metal" für uns spielte, ist ein Freund von Katy – sie hat auch mehrfach mit seiner Band PREMIUM VINTAGE gespielt. Leona hat Evie Austin selbst ausgesucht, die uns beim "Mad with Power" begleitete – sie ist eigentlich Death-Metal-Bassistin (unter anderem bei INSCRIBED und CEMETERY FILTH), hat aber auch Leona mal in einer früheren Band ersetzt.

Dungeons & Dragons ist Kult. Wer kam auf die Idee, die Band OWLBEAR zu nennen? Der Owlbear passt natürlich gut zum Cover. MAIDEN haben Eddie, ihr habt den Owlbear - bleibt er euch auf zukünftigen Alben erhalten?

Jeff: Ich habe Katy lange vor der Gründung der Band zum Spaß gesagt, ich wolle mal eine traditionelle Metalband namens OWLBEAR gründen - und dann haben wir's einfach gemacht. Ich mag es aber nicht, D&D als "bestes" Rollenspiel zu bezeichnen - es gibt so viele großartige Spiele mit ganz anderen Erlebnissen. Aber ich schweife ab. Ja, ihr werdet den Owlbear wohl weiter sehen, vor allem, weil Yannis ihn gern zeichnet.

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Ein schwieriges Thema: Am 11. Februar habt ihr gepostet, dass ihr das Hyperspace Festival in Kanada absagen musstet - wegen "policies put forth by the United States government and its decision to engage in the targeted harassment and attempted extermination of a section of its populace while it speedruns itself into new heights of fascism,..". Wollt ihr dazu noch mehr sagen? Eure Aussagen ("Fuck the President, fuck the spinelessness of the elected officials and representatives who have done nothing to prevent this, and triple fuck any and everyone who is in any form supportive of this regime.") waren sehr klar, aber vielleicht könnt ihr etwas tiefer gehen?

Jeff: Es war einfach nicht sicher für uns, nach Kanada zu reisen, besonders nicht, um wieder in die USA zurückzukehren. Das galt sowohl für Bandmitglieder als auch Crew. Sechs Wochen nach der Ankündigung werden jetzt bei mir in der Nachbarschaft Leute von den Einwanderungsbehörden buchstäblich entführt. Menschen, die legal im Land sind! Diese Leute von der Regierung und ihre Befehlsempfänger sind Faschisten.

Zurück zu "Feather & Claw"… Für mein Gefühl hört man deutlich mehr Einflüsse aus dem europäischen Metal als aus dem US-Metal – zum Beispiel RUNNING WILD im ersten Song. Seht ihr das auch so, und was hört ihr privat für Metal?

Jeff: Lustigerweise sind Leona und ich große RUNNING WILD-Fans, aber 'As Arrows Hail' hat Katy geschrieben - und sie hat die Band nie gehört! Es liegt wohl am typischen Triolen-Rhythmus, der häufig bei RUNNING WILD vorkommt. Privat höre ich viel Power und traditionellen Metal, wie Leona auch viel japanischen Metal. Ich bin nicht immer up to date, aber viele meiner Lieblingsveröffentlichungen der letzten Jahre kamen aus Griechenland - etwa von ACHELOUS, DRAGON SKULL, SACRED OUTCRY ... Außerhalb des Metal ist mein Geschmack ziemlich breit - viel Synthwave, Punk, Videospiel-Soundtracks.

Katy: Ich höre privat tatsächlich nur wenig Metal. Ich liebe das Genre, aber wenn ich den ganzen Tag an Metal für meine Band arbeite, brauche ich Abwechslung. Zurzeit höre ich viel SABRINA CARPENTER, NIGHTCORE und japanischen Jazz-Fusion wie CASIOPEA.

Leona: Wenn Jeff oder Katy mit RUNNING WILD-Vibes kommen, versuche ich, es noch mehr nach RUNNING WILD klingen zu lassen - ich liebe die Phase von Ende der 80er bis Mitte der 90er. Generell höre ich viel Trad Metal - zuletzt etwa TERMINUS oder ELIMINATOR. Ich liebe die japanische Power-Metal-Szene: GALNERYUS, LIGHT BRINGER, UNLUCKY MORPHEUS, OCTAVIAGRACE, ONMYOUZ; LOVEBITES... Dazu J-Pop, City Pop und alles, was nach 80s klingt.

"Feather & Claw" ist noch vielseitiger als das Debüt, mit teils thrashigen Elementen. War das genau so geplant?

Katy: Beim ersten Album wussten wir gar nicht, dass man heutzutage noch schnell spielen "darf". Die momentan angesagten Bands tun es ja nicht. Dann kam "Chaos To The Realm" raus, und obwohl wir versucht haben, uns zurückzuhalten, nannten uns alle Power- oder Speed-Metal. Also dachten wir uns: Für Album Zwei drehen wir wieder auf.

Die Gitarren sind großartig, aber für mich ist der Bass genauso wichtig - was LEONA da spielt, ist wirklich herausragend. Wann hast du mit dem Bass angefangen und was sind deine Einflüsse?

Leona: Danke dir! Ich habe als Gitarristin angefangen, aber nach ein paar Jahren hatte ich genug von Bands ohne Bass oder mit schlechten Bassisten. Also habe ich in meinen Mittzwanzigern selbst Bass gespielt. Frühe Einflüsse waren Geezer Butler, Steve Harris, dann Jens Becker (RUNNING WILD), Markus (HELLOWEEN), Roger Patterson, Tony Choy, Sean Malone, Steve DiGiorgio... In letzter Zeit höre ich viele funky Bassisten aus der City Pop- und J-Fusion-Szene - besonders Tomohito Aoki. Die ganzen Tapping-Parts kommen daher, dass ich versuche, Gitarrensoli auf dem Bass ohne Plektrum zu spielen. Ich versuche aber immer, songdienlich zu bleiben - da schätze ich Katys Produzenten-Ohr.

"Feather & Claw" erscheint in Europa bei Alone Records, einem sehr kleinen Label. Seid ihr zufrieden, oder gab es Kontakt zu größeren Labels?

Jeff: Die Zusammenarbeit mit Alone ist wunderbar - wir haben nichts zu meckern. Emmanuel, der Labelinhaber, ist sehr großzügig und hilfsbereit, besonders was den Vertrieb in Europa angeht. I

Ihr seid mit OWLBEAR tief verwurzelt im klassischen Metal - aus einer Zeit ohne Handys, ohne Internet, "dunkle Zeiten". Heute macht die Technik vieles einfacher. Stichwort: KI. Immer mehr Musik und Artworks entstehen durch KI. Ist das für euch eine Gefahr oder ein nützliches Werkzeug?

Leona: Sobald ich erkenne, dass generative KI benutzt wurde, sagt mir das, dass dem Künstler seine Arbeit nicht wichtig genug war. Und wenn sie ihnen nicht wichtig ist, sollte sie mir auch egal sein.

Jeff: Genau das. Wenn du keine eigene Vision für dein Albumcover hast, warum sollte ich mich dann dafür interessieren? Wenn's ums Geld geht: Es gibt tolle lizenzierte Kunstwerke für wenig Geld oder man nutzt Creative Commons. Kreativität an eine Maschine zu delegieren zeigt nur, dass dir der kreative Prozess nichts bedeutet - du willst nur ein Produkt und dafür Applaus.

Laut Metal Archives wohnst du in Connecticut, Jeff. Wie ist das Leben an der US-Ostküste, und was macht ihr, wenn ihr nicht in der Band aktiv seid?

Jeff: Ich komme aus Connecticut, lebe aber seit über zehn Jahren in einem anderen Neuengland-Staat. Wenn ich nicht Musik mache, lese ich, spiele Pen&Paper- oder Brettspiele, bemale Miniaturen oder hänge mit meiner Katze ab.

Katy: Ich wohne auch an der Ostküste - gut ist, dass viele Großstädte nah beieinander liegen. Aber in meiner Stadt ist nie etwas los und viele kleinere Touren machen hier nicht Halt, also hänge ich emotional nicht sehr daran.

Jeff, du warst bei ADAMANTIS und auch noch auf "Far Flung Realm" zu hören. Jetzt kam das starke "Reforged" raus - was hältst du vom Album?

Jeff: Ich fand es gut. Es ist natürlich anders als "Far Flung Realm", weil Cody und ich nicht mehr dabei sind und wir damals einen großen Teil geschrieben haben. Aber sie haben den Vibe teils beibehalten und auch neue Dinge probiert. Ich sehe Javier, Jeff (Stark) und Evgeny noch oft - wir wohnen nicht weit voneinander entfernt. Nächste Woche sehe ich sie zum dritten Mal seit meinem Ausstieg live.

Zum Schluss noch ein Fun Fact... wusstet ihr, dass es eine andere Band namens OWLBEAR gibt, die 2024 die EP "Versus" veröffentlicht hat?

Katy: Spotify meint sogar, dass wir sie sind und listet ihre Shows unter unserem Namen. Vielleicht haben wir bald unseren eigenen "Ghost"-Moment wie der Typ, der zu einem GOST-Konzert als Papa Emeritus verkleidet ging, weil er dachte, er wäre bei GHOST.

Leona: Es gibt auch eine Dungeon Synth-Band namens OWLBEAR von 2018, aber ich glaube, die existiert nicht mehr.

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